Geeigneter Standort
Bei der Sortenwahl von Süßkirschen ist zunächst zu beachten, dass Süßkirschen keine stark wechselfeuchte oder gar staunasse Böden vertragen. Also keine Senke auswählen. Süßkirschen können auch auf relativ mageren und/oder kalkhaltigen Böden angebaut werden. Ein Anbau in höheren Lagen ist ebenfalls möglich. Guter Boden, nicht verdichtet, am besten eine sonnige Freifläche, möglichst geschützt vor Spätfrösten und starkem Wind, das ist der ideale Platz.
Bei der Sortenwahl sollten die klimatischen Bedingungen berücksichtigt werden. So herrschen z.B. in Zittau ganz andere Einflüsse wie in den Höhenlagen des Zittauer Gebirges (Kaltluftzufuhr, Niederschläge etc.). Einige Kirschsorten (z.B. Badeborner, Büttners rote Knorpelkirsche, Hedelfinger Riesenkirsche) kommen auch mit ungünstigeren Bedingungen zurecht.
Befruchtung von Süßkirschen
Die meisten Kirschsorten sind selbststeril, das heißt, die Befruchtung bleibt ohne Blütenstaub von einer anderen Kirschsorte aus (Ausnahmen sind neuere Sorten wie Sunburst und Lapins). Süßkirschen gehören somit zu den Fremdbestäubern. Man muss also darauf achten, dass geeignete Kirschsorten in der Nähe stehen, die sich hinsichtlich Befruchtung und Blühzeit ergänzen. Welche das jeweils sind, steht oftmals auf dem mitgelieferten Sorten-Steckbrief von der Baumschule.
Eine Liste geeigneter Pollenspender bei Süßkirschensorten findet sich auf der website vom BUND Lemgo hier.
Kirschwochen – Nutzung der Kirschen
Mit dem Begriff „Kirschwochen“ (KW) wird die Erntezeit der Kirschen bezeichnet. Die Kirschwochen beginnen regional unterschiedlich mit der Reife der Kirschsorte „Früheste der Mark“.
Die Kirschwochen beginnen im Süden (zum Beispiel am Bodensee) wesentlich früher als im Norden (zum Beispiel „Altes Land“). Der genaue Erntetermin ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie Klima, Mikroklima, Standort, Boden, Nährstoff- und Wasserversorgung. Die Dauer einer Kirschwoche hängt von der jeweiligen Witterung ab: bei heißem Wetter kann diese nur 5 Tage, bei kühlem Wetter auch 10 Tage umfassen. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass die Kirschwochen um den 1. Mai beginnen. Die derzeit am spätesten reifende Kirschsorte ist die „Rote Späternte“ (10.-12. Kirschwoche). Eine Sorte der 4. Kirschwoche ist dabei immer und überall ca. eine Woche früher reif als eine Sorte der 5. Kirschwoche.
Durch die unterschiedliche Erntezeit der verschiedenen Kirschsorten lässt sich also die Kirschernte über mehrere Monate ausdehnen.
Bei der Anpflanzung von Süßkirschen (Hochstamm) ist deren hoher Ernteaufwand und der kaum mögliche Schutz gegen Vogelfraß zu berücksichtigen. Ebenfalls sollte die unterschiedliche Platzanfälligkeit der Kirschsorten berücksichtigt werden. Das Platzen und Verfaulen der Kirschen bei Regenfällen während der Erntezeit kann die Freude an den leckeren Früchten trüben.
Stammform
Die Größe des Gartens bzw. der Wiese ist ausschlaggebend für die Wahl der Stammform. Süßkirschen sind starkwüchsig und daher als Hochstamm für Streuobstwiesen, nicht aber für Kleingärten geeignet. Als Pflanzabstand von anderen Bäumen sollten 10-12 Meter gewählt werden.
Für den Hausgarten gibt es Unterlagen mit schwächerem Wuchs, die für niedrigere Baumformen geeignet sind. Empfehlenswert ist hier die Unterlage „Gisela 5? (= Gießener Selektion A). Hier ist ein Pflanzabstand von 4-6 Metern empfehlenswert. In der Nähe des Gemüsebeetes hat ein Kirschbaum nichts zu suchen, da er Schatten wirft und das Gemüse im Wachstum behindert.
Informieren Sie sich rechtzeitig über die maximale Größe und die Wuchseigenschaften: Einen selbst gezogenen Kirschbaum irgendwann fällen zu müssen, weil er zu groß geworden ist: das ist mehr als traurig.
Alte Kirschsorten für raue Lagen
Bei der Sortenwahl sollten die klimatischen Bedingungen berücksichtigt werden (Kaltluftzufuhr, Niederschläge, längere Winter etc.). Einige historische Kirschsorten kommen auch mit ungünstigeren Bedingungen zurecht. Gerade in Lagen, an denen der Obstanbau wenig verbreitet ist, muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Befruchtung sichergestellt ist. Beispielhaft seien folgende alte Kirschsorten zum Anbau in rauen Lagen empfohlen:
Büttners rote Knorpelkirsche: reift in der 5. Kirschwoche. Mittelgroße, feste, sehr süße, würzige Früchte mit hellem Saft. Hoher, regelmäßiger Ertrag, starker Wuchs. Gute Befruchtersorte.
Große Schwarze Knorpelkirsche: reift in der 5.-6. Kirschwoche, aromatisch und sehr süß, Frucht fest, aber platzempfindlich.
Rote Späternte: die roten Früchte sind sehr klein und besitzen Wildkirschenaroma. Sie reifen in der 10. bis 12. Kirschwoche folgernd. Durch die späte Reife bleibt die Sorte madenfrei. Der Baum ist sehr gesund und frosthart.
Rottaler Sämling: gesund und frosthart. Früchte mittelgroß, fast schwarz und aromatisch; Fruchtfleisch ist ebenso dunkel, meist auch madenfrei. Gepreßt ergeben die Früchte einen sehr dunklen, süßen Saft mit Wildkirschengeschmack. Früchte faulen nicht, sondern schrumpfen bei Überreife und werden noch süßer. Reift von der 5. bis zur 7. Kirschwoche.
Für jeden Verwendungszweck die passende alte Kirschsorte
Trockenkirschen/Dörrkirschen: Altländer Spitze, Geisepitter, Kesterter Schwarze, Zum Feldes Frühe Schwarze.
Marmelade, Konfitüre: Altländer Spitze, Diemitzer Amarelle, Franzens Wilde, Landele, Mödinger, Tilgeners Rote Herzkirsche.
Einmachkirschen: Büttners Rote Knorpel, Große Schwarze Knorpel, Spanische Braune, Weiße Spanische, Hedelfinger Riesenkirsche, Schneiders Späte Knorpelkirsche.
Kuchenbelag: Diemitzer Amarelle, Werdersche Glaskirsche, Königliche Amarelle, Beutelpacher Rexelle, Königin Hortense.
Brennkirschen: Benjaminler, Dolleseppler, Schlapper, Schwarze Schüttler, Stettemer. Stotze.
Empfehlenswerte alte Süßkirschensorten [i]
Der Pomologe Hans Joachim Bannier, der zusammen mit der Pomologin Dr. Annette Braun-Lüllemann mehr als 200 Süßkirschensorten auf Geschmack sowie Baum- und Fruchteigenschaften geprüft hat, empfiehlt folgende Süßkirschensorten:
Schwarzrote frühe und mittelfrühe Sorten:
Werdersche Braune (3. KW), Bernhard Nette (2.-3. KW), Zum Feldes Frühe Schwarze (2. KW), Frühe Spanische (3. KW), Schubacks Frühe Schwarze (3. KW), Landele (Syn. Schwarzer Falter, Mohrenkirsche, Freinsheimer Schwarze, Zipfelbachperle) (3. KW), Rivers Frühe (2. KW), Spitze Braune und Moserkirsche (Baden-Württemberg) (2. KW, 3. KW), Souvenir de Charmes (Südwestdeutschland) (2. KW).
Rotbunte Sorten
Frühe und mittelfrühe: Köbles Schecken (1.-2. KW), Kunzes Kirsche (2.-3. KW, exzellente Baumgesundheit), Garrns Bunte (2.-3. KW, exzellente Baumgesundheit), Maibigarreau (2.-3. KW), Kronprinz von Hannover (3. KW), Tilgeners Rote Herzkirsche (3.-4. KW, exzellente Baumgesundheit), Lucienkirsche (3.-4. KW, große Platzfestigkeit).
Mittelspäte und späte: Weiße Spanische (4. KW, exzellente Baumgesundheit), Große Prinzessin (5. KW, regional anfällig für Monilia), Büttners Späte Rote Knorpelkirsche (5. KW), Grolls Bunte (5. KW), Merton Late (5.-6. KW), Grevenbroicher Knorpelkirsche (6.-7. KW).
Bannier weist darauf hin, dass die „Rotbunten“ durchaus einige Vorteile haben. So werden die Frühsorten unter ihnen nicht ganz so stark vom Vogelfraß heimgesucht wie die Schwarzroten der gleichen Reifezeit. Auch von der Made der Kirschfruchtfliege sind die rotbunten Sorten in der Regel nicht ganz so stark befallen wie zeitgleich reifende dunkle Sorten.
Dunkle Knorpelkirschen
Grolls Schwarze (5. KW), Schneiders Späte Knorpel (4.-5. KW), Leipziger Lotkirsche (5. KW), Badeborner (5.-6. KW), Hedelfinger (5.-6. KW), Steinknorpel (Lokalsorte Witzenhausen) (4.-5. KW), Haumüller (4.-5. KW), Adlerkirsche von Bärtschi (5. KW).
[i] [i] Hans-Joachim Bannier, Verkehrte Kirschenwelt. Über die Sortenentwicklung und die fatale „Außerwertsetzung“ alter Süßkirschsorten, in: Jahresheft des Pomologen Verein, 2011, S. 4-5.
Alte, regionaltypische Kirschsorten
Regionale Sorten haben sich über viele Jahre bewährt und an spezifische Standortbedingungen angepasst. Sie sind daher oft sehr robust und wenig anfällig für Krankheiten. Darüber hinaus erweitern sie das Spektrum der Aromen und der Verwendungsmöglichkeiten erheblich. Es wäre wünschenswert, wenn wenigstens an einigen Stellen die regionaltypischen Sorten erhalten blieben.
In der Oberlausitz z.B. wurden in den vergangenen 150 Jahren mehr als 100 verschiedene Kirschsorten angebaut (siehe hierzu die Übersicht im pdf-Format). Manche dieser Sorten wurden durch all´ diese Jahre fast durchgängig von den regionalen Baumschulen angeboten. Daher liegt die Vermutung nahe, dass sich diese Sorten in der Region bewährt haben.
Zu diesen traditionellen, typischen Süßkirschensorten der Oberlausitz gehören:
- Büttners (späte) rote Knorpelkirsche: mittelgroße bis große Frucht, sehr fest, aromatisch, geringe Platzfestigkeit, guter und regelmäßiger Ertrag, auch für Höhenlagen geeignet.
- Fromms schwarze Herzkirsche: mittelgroß, weich, süßlich, wenig Säure, hohe Platzfestigkeit, hoher Fruchtertrag, relativ gute Baumgesundheit.
- Große Prinzessin: Mittelgroß bis große Frucht, relativ festes Fleisch, saftig, sehr aromatisch, bleibt beim Kochen hart und wird hierbei noch etwas säuerlicher, neigt bei Regen zum Aufplatzen, mäßige Baumgesundheit, auf schweren, feuchten Böden neigt die Sorte zu Spitzendürre und Gummifluss.
- Große schwarze Knorpelkirsche: mittelgroße, feste Frucht, aromatisch im Geschmack, oft mit leichtem Bitterton, platzfest, relativ regelmäßig und reich tragend, muss in der Jugendzeit regelmäßig beschnitten werden um ein Verkahlen zu vermeiden und eine gute Beerntbarkeit zu gewährleisten.
- Hedelfinger Riesenkirsche: mittelgroß bis groß, neigt zum Platzen bei Regen, widerstandsfähig und sehr anpassungsfähig und daher sowohl für sonnige als auch für kühle Lagen geeignet.
Bezugsquellen für alte Kirschsorten
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass mehr als 30 Prozent der alten Kirschsorten, die wir von Baumschulen bezogen haben, nicht sortenecht waren. D.h., wir haben eine Sorte unter einem bestimmten Namen von einer Baumschule gekauft und nach 5-10 Jahren, als die Sorte das erste Mal Früchte getragen hat, stellte sich heraus, dass es sich gar nicht um die gewünschte historische Kirschsorte handelt.
Wer eine solche Erfahrung vermeiden möchte, dem raten wir, sich Edelreiser von den Sammlern/-innen des Obstsortenerhalternetzwerks des Pomologen Vereins zusenden zu lassen. Deren Sorten wurden von einer pomologischen Kommission überprüft.
Auch die Oberlausitz-Stiftung gehört zu diesem Obstsortenerhalternetzwerk. Hier finden Sie den Link zu den bei der Oberlausitz-Stiftung vorhandenen alten Kirschsorten. Die verifizierten historischen Kirschsorten unserer Sammlung sind mit einem „V“ gekennzeichnet.
Sie können sich Edelreiser von alten Kirschsorten von uns zusenden lassen und damit zu einer Baumschule in Ihrer Nähe gehen. Diese wird für Sie im nächsten Frühjahr einen Kirschbaum mit diesen Reisern veredeln. Im Herbst (der besten Pflanzzeit für Obstbäume) können Sie dann Ihren Baum mit Ihrer gewünschten alten Kirschsorte pflanzen.
Weitere Infos zum Versand unserer Edelreiser von historischen Kirschsorten finden Sie hier: Bestellung von Edelreisern – www.oberlausitz-stiftung.de
Weitere Informationen zu den Süßkirschensorten: Annette Braun-Lüllemann & Hans-Joachim Bannier: Alte Süßkirschensorten. Obstsortenwerk, 2010.